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Diese CD stellt eine Seltenheit unter den Wagner Einspielungen dar; ich wage es nämlich zu behaupten, dass wir es hier mit einer perfekten Aufnahme zu tun haben. Markelose Gesangsdarbietungen aller Sänger und Sängerinnen ohne Ausfälle, großartiger Dirigent, ebenso großartiges Orchestra und seelenvolle Interpretation. Diese CD war mein glücklicher Einstieg in das Universum Richard Wagners. Ich war damals mit 21 Jahren in die Philosophie Arthur Schopenhauers vernarrt, als mir diese Aufnahme von einem Freund empfohlen wurde. Wagners Musik kam mir vor wie der perfekte musikalische Ausdruck der pessimistischen Weltsicht Arthur Schopenhauers, der tragischen Götterdämmerung, des Untergangs der alten kosmischen Gesetzeswelten und der Sehnsucht der nordischen Menschen zurück ins Ungeborene, Unbewusste, Unschuldige, die sich in Wagners Parsifal später dann befreiend in der Lichtgestalt des Christus erlöst. Richard Wagner verehrte Arthur Schopenhauer, und wurde von diesem zu seinem Kummer bloß unsanft verhöhnt. Der Musiker verstand den Philosophen, der Philosoph den Musiker nicht. Zu dieser Zeit erschienen beide Seelen in ihren urgewaltigen Werken wie zwei Seiten desselben altgermanischen Weltverständnisses vom Drama der gefallenen Menschheit; einmal in großen philosophischen Gedanken ausgedrückt, das andere Mal in gewaltiger Musik und Dichtung. -

Der tödlich verwundete Tristan (Renè Kollo) erwacht ein letztes Mal in den Armen des treuen Kurwenal, der seinerseits auf die baldige Genesung seines Herren hofft; doch Tristan sagt zu ihm:

Dünkt dich das?
Ich weißes anders.
doch kann ich's dir nicht sagen.
Wo ich erwacht -
weilt' ich nicht;
doch, wo ich weilte,
das kann ich dir nicht sagen.
Die Sonne sah ich nicht,
noch sah ich Land und Leute:
doch, was ich sah,
das kann ich dir nicht sagen.
Ich war, wo ich von je gewesen.
wohin auf je ich geh":
im weiten Reich der Weltennacht.
Nur ein Wissen dort uns eigen:
göttlich ew'ges Ur-Vergessen!
Wie schwand mir seine Ahnung?
Sehnsücht'ge Mahnung nenn' ich dich,
die neu dem Licht des Tags mich zugetrieben?
Was einzig mir geblieben,
ein heiß-inbrünstig Lieben.
aus Todes-Wonne-Grauen
jagt's mich, das Licht zu schauen.
das trügend hell und golden
noch dir, Isolden, scheint! ...

Als dann zum Schluss Isoldes (Margret Price) wunderschöner Abgesang und Liebestod in den Fluten der Musik versinkend erklang, sie auf den Leichnam Tristans blickend seine Seele sich vom Leibe lösend erheben sieht:

Mild und leise wie er lächelt,
wie das Auge hold er öffnet –
seht ihr's Freunde?
Säh't ihr's nicht?
Immer lichter wie er leuchtet,
stern-umstrahlt hoch sich hebt?
Seht ihr's nicht?
Wie das Herz ihm mutig schwillt,
voll und hehr im Busen ihm quillt?
Wie den Lippen, wonnig mild,
süßer Atem sanft entweht –
Freunde! Seht!
Fühlt und seht ihr's nicht?
Höre ich nur diese Weise,
die so wunder­voll und leise,
Wonne klagend, alles sagend,
mild versöhnend aus ihm tönend,
in mich dringet,
auf sich schwinget,
hold erhallend um mich klinget?
Heller schallend, mich umwallend,
sind es Wellen sanfter Lüfte?
Sind es Wolken wonniger Düfte?
Wie sie schwellen, mich umrauschen,
soll ich atmen, soll ich lauschen?
Soll ich schlürfen, untertauchen?
Süß in Düften mich verhauchen?
In dem wogenden Schwall,
in dem tönenden Schall,
in des Welt-Atems wehendem All
-ertrinken,
versinken -
unbewußt -
höchste Lust!

da war es um mich geschehen, das Schicksal nahm seinen Lauf, der Keim war gelegt, die Sat gesät. Was mir vorher groß erschien, wurde ganz klein; was mir bis dahin wichtig war, wurde gleichgültig; der materielle Spießbürger-Friede war verloren und durfte es auch gerne bleiben. Alte ''Freunde'' verstanden und mochten mich zunehmend nicht mehr, denn irgend etwas war anders und wollte nicht mehr passen; ich passte nicht mehr. Ich fühlte mich in Teilen meiner Seele fast wie gestorben und neugeboren; ich fand einen Schritt weit mehr zu mir selbst. Vorher hätte ich es nie für möglich gehalten, dass ich im Stande sein könnte, so Musik zu erleben. Und dies alles konnte wirklich nicht mit einer schöneren Wagner-Aufnahme beginnen! -

Der österreichische Dirigent Carlos Kleiber starb am 13. Juli 2004 mit 74 Jahren in seinem Ferienhaus in dem Dorf Konsica, 60 Kilometer östlich von Ljubljana; diese Tristan-Aufnahme stellt ganz sicher eines der wichtigsten Vermächtnisse dieses Ausnahmedirigenten dar. –

 

Richard Wagner
Tristan und Isolde

Dirigent: Carlos Kleiber
Staatskapelle Dresden

Ca 232 Minuten

Deutsche Grammophon


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